Adelaide, idealer Startort für eine Tour durchs rote Zentrum

04.01.2020

Adelaide, Australien, Reiseblog
Foto: e2dan/Shutterstock.com

Adelaide ist interessant, für uns jedoch kein Highlight Australiens

Vom Flughafen Adelaide nahmen wir uns ein Taxi in das Rendezvous Hotel, in dem wir für 3 Nächte ein Zimmer gebucht hatten. Anders, als der romantische Name vermuten lässt, erwartete uns hinter der dunklen Glasfassade eines Hochhauses ein nüchternes Businesshotel. „Können sie uns ein Zimmer geben, das nicht an der lauten Straße vor dem Haupteingang, einer brummenden Klimaanlage oder sonstigen Lärmquellen liegt, die uns um unseren Schlaf bringen könnten“, fragte Anke den uniformierten Rezeptionisten. Er ließ seine Hände über die Tasten gleiten und starrte verzweifelt auf den Bildschirm. Nach mehreren Minuten schweißtreibenden Suchens händigte er uns zwei Schlüsselkarten für ein Zimmer im vierten Stock aus. Wir rollten unsere Koffer in den Fahrstuhl und fuhren erwartungsvoll hinauf. Was wir vorfanden, erschien uns zufriedenstellend. Das Zimmer bot genügend Platz, um unsere Sachen zu verstauen, und von der ruhigen Seitenstraße drang kaum Lärm zu uns herauf. Trotz des Jetlags fühlten wir uns munter. Wir machten uns gleich auf den Weg, um die Innenstadt zu erkunden.

 

Adelaides breite Straßen werden von Hochhäusern und Schlichtbauten gesäumt. Tagsüber herrscht reger Berufsverkehr, doch es kommt kaum zu Gedränge. Die Stadt ist großzügig angelegt und weiträumig besiedelt. Von den 1,2 Millionen Einwohnern wohnen keine 20.000 im Zentrum, der Rest verteilt sich auf zweihundertfünzig Ortsteile. Die Stadtplaner müssen entweder einen ausgeprägten Sinn für Ordnung gehabt haben oder große Angst, sich zu verlaufen. Das symmetrische Schachbrettmuster der Innenstadt trägt maßgeblich dazu bei, dass das Stadtbild wenig Überraschungen bietet. Gegen die größeren Metropolen Sydney, Melbourne und Brisbane wirkte die Hauptstadt von South Australia eher provinziell auf uns.

Adelaide, Australien, Bahnhof, Reiseblog
Der Bahnhof ist ein architektonisches Highlight in Adelaide

Die Markthalle war für uns das Highlight in Adelaide

Der Streit um das Urheberrecht für Adelaide

Adelaide wurde 1836 gegründet. Der erste Gouverneur von South Australia benannte die Stadt nach der britischen Königin Adelheid von Sachsen-Meiningen. Für manche seiner Zeitgenossen war das ein zweifelhaftes Kompliment, denn die gute Adelheid, eine eingeheiratete Prinzessin aus dem Königshaus Hannover, galt als reaktionär, dominant, Feindin des Volkes und potthässlich. Historiker streiten noch heute darüber, wer den Standort am River Torrens ausgewählt und das Straßenbild entworfen hat. Offiziell wird dem General-Landvermesser Colonel William Light das Verdienst zugeschrieben. Nach seinem Tod feierten die Einwohner Light als Stadtgründer. Um ihm die gebührende Ehre zu erweisen, brachte man in der Innenseite seines Sarges eine Plakette mit der Inschrift Founder of Adelaide an und stellte auf dem Montefiore Hill eine Statue auf, die ihn noch heute mit ausgestreckter Hand auf die Skyline der Stadt zeigen lässt.

 

Einige Geschichtsforscher bezweifeln jedoch, dass Light der Titel „Stadtgründer“ wirklich gebührt. Sie vertreten die Meinung, sein Assistent George Strickland Kingston habe den Standort vorgeschlagen und mit einem Team von Landvermessern die Pläne angefertigt. Light und Kingston konnten sich nicht ausstehen. Jeder warf dem anderen vor, ein Lügner und völlig unfähig zu sein, eine Stadt wie Adelaide zu entwerfen. Lights Kritiker versäumten auch nicht anzuprangern, dass der Colonel, obwohl in England verheiratet, in Adelaide mit einer anderen Frau zusammenlebte. Adelaides Pionieradel strafte dies mit Verachtung, natürlich nicht des gesellschaftlich bedeutenden Colonels, sondern seiner neuen Lebensgefährtin. Mit gerümpfter Nase bezeichnete die feine Gesellschaft sie als „Lights Haushälterin“. Die Hochwohlgeborenen, die in ihrem eigenen Haushalt noch nie einen Handschlag getan hatten, sahen dies als gebührende Herabwürdigung an.

Wem immer der Ruhm für die Gründung Adelaides auch gebührt, eine der großartigsten Städte der Welt ist nach unserem Geschmack nicht dabei herausgekommen. Nur hier und da entdeckten wir ein paar hübsche Ecken mit Gebäuden aus der Kolonialzeit, die Balkone mit viktorianisch verzierten, schmiedeeisernen Geländern schmückten. Die größte Attraktion im Stadtzentrum war für uns der Markt. In der großen Halle boten geschäftige Händler in einladenden Ständen frisches Obst, Gemüse, Fleisch, Käse, Fisch, exotische Gewürze und sogar Gläser mit bayerischem Sauerkraut und Spreewälder Gewürzgurken an. Wir schlenderten zwischen den Ständen hindurch, kauften ein paar Äpfel und Möhren und gönnten uns zwei frisch gepresste Smoothies.

Zu Mittag aßen wir im Sushi Train in der King William Street, den unser Reiseführer in höchsten Tönen lobte. Wir setzten uns auf zwei Hocker am Förderband, bestellten zwei Flaschen Mineralwasser und begutachteten die liebevoll angerichteten Sushi- und Sashimi-Häppchen, die auf kleinen Tellern an uns vorbeifuhren. Beim Anblick der belegten Reisröllchen und der mit Rettich garnierten Fischfilets lief uns das Wasser im Mund zusammen, und wir aßen mit großem Appetit. Im Sushi Train bekamen wir die Häppchen von echten Japanern serviert. Hier war der Kunde König. Das Essen schmeckte sehr lecker, die Preise waren anständig, und die gesamte Belegschaft verabschiedete uns mit Verbeugungen und einem herzlichen japanischen Gruß. Wirklich ein sehr empfehlenswertes Restaurant.

 

Ein wenig träge machten wir uns auf den Weg zu Woolworths. In Adelaides Innenstadt ist Woolworths das, was bei uns Kaufhof oder Karstadt ist. In der Weinabteilung deckten wir uns mit einigen Flaschen Shiraz und Chardonnay ein. Der Verkauf von Alkohol ist in Australien nur in staatlich lizensierten Bottle Shops erlaubt. Am Rand der Fußgängerzone entdeckten wir eine weitere Weinhandlung, in der kaum ein Wein unter dreißig Dollar (ca. zwanzig Euro) kostete. Das ist auch für australische Verhältnisse teuer und war mehr, als wir ausgeben wollten.

Adelaide, Markthalle, Australien, Reiseblog
Die Markthalle war groß und bot reichlich Auswahl

Eine Vorliebe für Fastfood

Wir bummelten durch die Fußgängerzone, dann machte sich der Jetlag bemerkbar, und wir kehrten für ein Mittagsschläfchen ins Hotel zurück. Kaum waren wir eingeschlafen, da sprangen wir wieder aus dem Bett. Unsere Nachbarn unterhielten sich so laut, als bräuchten sie dringend Hörgeräte. Und die Wände mussten aus hellhörigem Gips oder Pappmaché sein. Wir fanden es übertrieben, uns gleich zu beschweren. Also stopften wir uns Wachs in die Ohren und legten uns wieder hin.

 

Gegen acht Uhr wachten wir auf und stürzten uns ins Nachtleben Adelaides. In der Hotellobby entdeckten wir eine Broschüre, in der die Essmeilen und Kneipenstraßen eingezeichnet waren. Die meisten Restaurants und Bars befanden sich in der North Terrace, der Rundle Street, der Hindley Street und der Waymouth Street. Wir klapperten die Straßen nach einem guten Restaurant ab, jedoch lachte uns keines an. Entweder waren sie mit ungemütlichen Plastikmöbeln eingerichtet, oder die Speisekarte passte uns nicht. Die Adelaider scheinen eine ausgeprägte Vorliebe für Fastfood zu haben.

 

Am Ende entschieden wir uns für ein griechisches Restaurant namens Eros Ouzeri, von dem unserer Reiseführer behauptete, dass es eine der besten Küchen der Stadt habe. Das Restaurant war gut besucht, und der Kellner wies uns einen der letzten Tische neben dem Bürgersteig zu. Die Vorspeisenplatte schmeckte so lala. Der Hauptgang, ein Salat mit ausgefallenem griechischem Namen, bestand aus ein paar riesigen Quadern Schafskäse wie frisch aus dem Steinbruch gehauen und dick geschnittenen Paprikaringen mit ein paar Klecksen süßer Balsamico Creme. Offenbar hatte der Koch sein Handwerk mit dem Rezeptbuch „Schnell und einfallslos“ gelernt. Immerhin schmeckte der Steinbruchsalat gesund, weshalb wir ihn hier auch nicht schlecht machen würden, wenn er nicht so unverschämt teuer gewesen wäre.

 

Dass der Grieche eines der besten Restaurants der Stadt sein sollte, ließ uns nichts Gutes schwanen. Wir schlenderten durch die Innenstadt und hofften, wenigstens eine gemütliche Bar zu finden. An einer belebten Straßenecke stießen wir auf einen Pub, in dem wir uns an die Theke hockten und zwei Pints bestellten. Der Schankraum war so eingerichtet, wie es sich für einen britischen Pub gehört: Die Wände waren mit dunklem Holz vertäfelt, die Decke mit cremefarbenem Stuck verziert, und auch das Mobiliar verströmte altehrwürdige Gemütlichkeit. Leider wussten die Adelaider das nicht zu schätzen. Wir waren fast die einzigen Gäste und fühlten uns ein wenig einsam an der Theke.

Adelaide, Innenstadt, Australien, Reiseblog
Hochhäuser prägen das Bild der Stadt

In der nächsten Folge erkunden wir Port Adelaide und Hahndorf.


Literatur

 

Hinweis: Beim Anlegen des Verzeichnisses funktionierten die Links. Wir haben sie nicht auf nachträgliche Änderungen oder Löschungen überprüft.

 

Ashley, G. (2008): History of the Kingston Family. http://www.flinders.edu.au/ehl/fms/archaeology_files/dig_library/directed_studies/kingston%20family%20history.pdf.

Bowe, C. (2004): A history of the Kingston plan of Adelaide. The Adelaide Review. http://www.adelaidereview.com.au/archives/2004_07/ issuesandopinion_story2.shtml.

Cameron, S. (2001): Sir George Strickland Kingston, http://adelaidia.sa.gov.au/people/sir-george-strickland-kingston.

Flinders Ranges Research: Colonel William Light, https://www.southaustralianhistory.com.au/collight.htm.

Geni: Sir George Strickland Kingston, https://www.geni.com/people/Sir-George-Strickland-Kingston/6000000003687305520.

Watchman, A. (2013): No Time for Tears: How a Teenage Irish Orphan Forged a New Life in a New Land. 

Wikipedia (2018): Adelaide. https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Adelaide&oldid=870779005.